26. Sonntag im Jahreskreis


30. September 2023

AUS DEM HL. EVANGELIUM NACH MATTHÄUS 21,28‑32

In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohenpriestern und zu den Ältesten des Volkes: Was meint ihr: Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg! Er antwortete: Ja, Herr!, ging aber nicht. Da wandte er sich an den zweiten Sohn und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn, und er ging doch.  Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der zweite. Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, das sage ich euch: Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr. Denn Johannes ist gekommen, um euch den Weg der Gerechtigkeit zu zeigen, und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen, und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.

Predigt von Mag. Dr. Johannes Okoro, Bischof emeritus

Ich möchte mich gerne mit dem heutigen Evangelium beschäftigen. Den Vater im Evangelium können wir verstehen als eine Bezeichnung für die verschiedenen Lebensaufgaben und Lebenssituationen, die unsere Antwort verlangen.

Die zwei Söhne als Bezeichnung für die zwei Teile in uns. Jeder von uns hat eine Ja Seite und eine Nein Seite. Von beiden Möglichkeiten können wir Erfolg oder Misserfolg erleben. Wir alle kennen das. Wir bejahen etwas und nach einigen Schicksalsschlägen, Enttäuschungen, Missverständnissen und Lernprozessen tun wir das Gegenteil. Manchmal verneinen wir auch eine Lebensentscheidung, und nach Lebensoffenbarungen verändern wir unsere Ansichten. Heute in der Psychologie fragen wir Menschen, was in uns hat Ja oder Nein gesagt? Dein Kopf oder dein Herz.

Eine Mutter hatte 4 Kinder und hat niemals gelernt Nein zu sagen. Alles, was die Kinder und ihr Mann wollten, hat sie erledigt. Sie hat niemals auf die Signale ihres Herzens gehört. Nach 20 Jahren solcher Lebenshaltung, spürte sie auf einmal, dass sie kein Selbstwertgefühl mehr hatte. Sie verlor ihre innere Sicherheit und, um alles zu kompensieren, fing sie an zu trinken und wurde alkoholkrank. Ihr Leben als eine Ja-Sagerin von Kopf her wurde ihr zum Verhängnis.

Ein anderes Beispiel. Ein Mann hatte 2 Kinder und wollte nur seine Karriere machen. Für ihn war Arbeit das höchste Gut. Jegliche Aufgabe von seiner Familie wurde verneint. Er fand immer Gründe, sich nicht an der Erziehung seiner Kinder zu beteiligen. Seine Frau versuchte ihn direkt in die Erziehung seiner Kinder einzubinden, leider überträgt er solchen Aufgaben seinen Eltern. Mit solchen Verhaltensmustern konnte er keine elterliche Verbundenheit mit seinen Kindern aufbauen.

Jeder von uns hat die Möglichkeit Ja oder Nein zu sagen. Wichtig ist, ob wir durch unsere Verneinung oder Bejahung Lebensqualität, Lebenskraft, Lebensenergie oder Chaos in die Situation hineinbringen könnten. Entscheidend ist, ob wir in der Lage sind, etwas zu bewegen. Und wenn wir merken, dass uns unsere Entscheidung nicht weiter- bringt, sollten wir die Demut haben, unsere Entscheidung zu ändern.

Die einzige Gefahr, der wir unsere Aufmerksamkeit schenken müssten, ist: Unser Ja oder unser Nein darf uns nicht in die Gleichgültigkeit oder Oberflächlichkeit Desinteressiertheit, Resignation, Passivität, zum Suchtverhalten führen. Unser Ja oder unser Nein ist immer eine Möglichkeit eine Entscheidung zu treffen. Wir müssen uns immer fragen: Was tun wir als Christen? Was hat uns jetzt Orientierung gegeben?

Welche Aufgaben erledigen wir für die Ewigkeit, oder für das Reich Gottes, das Reich der Liebe?

Alles liegt in unseren Händen, wie uns die folgende Geschichte klar macht:

„Im Orient lebte ein alter weiser Mann. Er war beliebt im ganzen Lande, und wann immer einer seiner Mitmenschen Sorgen hatte, ging er zu ihm, um Rat zu holen. Denn der alte, weise Mann konnte aus einer reichen Lebenserfahrung schöpfen und gab stets guten Rat. Dies wiederum machte einige seiner Mitbürger neidisch, die selbst gern für klug und weise gehalten worden wären. Sie beschlossen dem alten Mann eine Falle zu stellen. Aber wie? Nach längerem Nachdenken kam man auf folgende Idee: Man wollte ein winziges Vögelein fangen, es dem alten Mann in der geschlossenen Hand präsentieren und ihn fragen, was sich in der Hand befinde. Sollte der alte Mann wider Erwarten die Frage richtig beantworten, so würde er mit Sicherheit an einer weiteren Frage scheitern, nämlich der, ob es sich bei dem Vögelein um ein lebendes oder ein totes handele. Würde er nämlich sagen, es handele sich um ein lebendes, so könne man die Hand zudrücken, und das Vögelein sei tot. Würde er hingegen sagen, es handele sich um ein totes Vögelein, so könne man die Hand öffnen und das Vögelein wegfliegen lassen. So vorbereitet erschien man vor dem alten weise Mann und fragte ihn wie zuvor besprochen. Nach einiger Überlegung antwortete der alte weise Mann auf die erste Frage: Das, was ihr in der Hand haltet, kann nur ein ganz winziges Vögelein sein. Nun gut, sagten die Neidischen, da magst du Recht haben, aber handelt es sich um ein lebendes oder ein totes Vögelein? Der alte weise Mann wiegte seinen Kopf eine Weile hin und her, schaute dem Frager dann in die Augen und sagte: Ob das, was ihr in der Hand haltet, lebt oder tot ist, das liegt allein in eurer Hand“.